Baumwollkapseln - Titelbild
Holzschnitt, Jean de MandevilleHolzschnitt, Jean de Mandeville

Bild Quelle: Holzschnitt, Jean de Mandeville, Wikipedia


«Es gibt wildwachsende Bäume, aus deren Frucht man eine Wolle gewinnen kann, die die Schönheit und Qualität der Schafwolle weit übertrifft. Die Inder machen aus dieser Baumwolle ihre Kleider» - Herodot

Baumwolle blickt auf eine lange Geschichte zurück

Welltkarte mit den Ursprungsländern der BaumwolleWelltkarte mit den Ursprungsländern der Baumwolle

Ursprungsländer der Baumwolle in gelb von links nach rechts: Mexico, Peru, Sudan, Indien

Das Malvengewächs, das ursprünglich in den tropischen Wälder Afrikas, Asiens und Südamerikas beheimatet war, wurde schon früh von den Menschen zur Textilherstellung genutzt. Die ersten Hinweise für die Nutzung von Gossypium – so der wissenschaftliche Name der Baumwolle – sind Saatgut und Fasern, die in Mehrgarh (Indien) gefunden wurden und auf ca. 6000 v. Chr. datiert werden. Die Domestizierung dieser Pflanzengattung fand nicht nur in Asien statt, sondern auch in Afrika und Südamerika sahen die Menschen einen Nutzen in dieser Pflanze. Bemerkenswerterweise geschah das fast zur selben Zeit, ca. 3000 vor Christus. In Europa, wo die Baumwolle nicht natürlich vorkam, wird erst nachdem Alexander der Grosse von seinen Feldzügen, die bis nach Indien reichten, nach Europa zurückkehrte, in Europa bekannt. Noch im 17 Jh. wurde der Wert der Baumwolle mit dem der Seide verglichen und galt als äusserst kostbar. Das lag am sehr langen und mühsamen Herstellungsprozess. Von der Ernte bis zum Garn dauerte die Herstellung eines Pfundes Garn ca. 13 Tage.


 Ein Vergleich:

  • Die Herstellung von Seide dauerte nur ca. sieben Tage.

  • Die Herstellung von Wolle dauerte nur ein bis zwei Tage.

  • «Die Wolle, die auf Bäumen wächst» wurde noch bis ins 18. Jh. als Luxusgut gehandelt, weil das Garn mühsam aus Indien Importiert werden musste. Erst um 1750 ist es den Europäern gelungen die zarten Fäden so zu spinnen, dass sie in ein Textil weiterverarbeitet werden konnten.

Frau in Indien entkörnt Baumwolle mit einer Eisenwalze, Zeichnung von 1836 - James Talboys Wheeler (1824-1897)Frau in Indien entkörnt Baumwolle mit einer Eisenwalze, Zeichnung von 1836 - James Talboys Wheeler (1824-1897)

Quelle: Indische Frau Entkörnt Baumwolle, Zeichnung von 1836 - James Talboys Wheeler, Wikipedia

Leider hat – wie fast jedes wertvolle Gut – auch die Baumwolle ihre dunkle Geschichte. Durch die Entwicklung der Egreniermaschine, eine Maschine, die den Baumwollsamen von Blütenfasern trennt, wurde die Sklavenarbeit zur Gewinnung von Baumwolle lukrativ. Weil das Pflücken und Verarbeiten von Baumwolle so aufwendig war, war selbst die Arbeit von Sklaven noch zu teuer und deshalb fand die Produktion hauptsächlich in Indien statt. Es wurden immer grössere Mengen an Baumwollfasern produziert, was zur Folge hatte, dass  immer grössere Mengen zu Garn und später dann zu Stoffen verarbeitet werden mussten. Es wurde neue Technik benötigt, die mit der ansteigenden Menge an Rohstoff fertig werden konnte. Dies befeuerte die Entwicklung von immer grösseren und schnelleren Spinn- und Web-Maschinen. Mit der Erfindung der Dampfmaschine kam der Sprung in ein neues Zeitalter: Die Industrielle Revolution. An diesem raschen Voranschreiten der Technik hat dieses kleine Faserbällchen namens Gossypium seien Anteil.

BaumwollfeldBaumwollfeld

Woher kommt unsere Baumwolle?

Die Herstellung von Baumwolle beginnt heute, wie damals, auf dem Feld. Obwohl ihre Heimat ursprünglich die tropischen und subtropischen Regionen der Erde waren, wird sie heute an vielen verschiedenen Orten und auf allen Kontinenten angebaut. Es gibt über 50 verschieden Arten der Gossypium, doch nur vier werden heute für die Fasergewinnung gebraucht.


  • Gossypium herbaceum (Levante-Baumwolle)
  • Gossypium arboreum (Tree cotton)
  • Gossypium hirsutum (Hochland-Baumwolle)
  • Gossypium babadense (Sea-Island-Baumwolle)
Illustration aus Köhler's Medizinalpflanzen von Gossypium barbadense - WikipediaIllustration aus Köhler's Medizinalpflanzen von Gossypium barbadense - Wikipedia

Quelle: Illustration aus Köhler's Medizinalpflanzen von Gossypium barbadense - Wikipedia

Aus diesen vier Sorten der Kulturbaumwolle wird vor allem die Hochland-Baumwolle angebaut, weil sie sehr witterungs- und kälteresistent ist. Zu den grössten Produzenten gehören China Indien und die USA. Global werden jährlich ca. zwanzig Millionen Tonnen hergestellt. Der grösste Produzent innerhalb von Europa ist Griechenland. Obwohl auch in der Türkei viel Baumwolle hergestellt wird, wird der grösste Teil davon im asiatischen Teil der Türkei angebaut und wird aus diesem Grund nicht zu Europa gezählt. In Afrika ist die ägyptische Baumwolle für Ihre Qualität bekannt aber die grössten Produzenten sind Mali und Burkina Faso. 

Baumwollproduktion Stand von : 2022/2023, 19. Sep.
  1. Chinesische Flagge China            6'684'000t
  2. Indische Flagge Indien           5'661'000t
  3. USA Flagge USA               3'150'000t
  4. Brasilianische Flagge Brasilien       3'062'000t
  5. Australische Flagge Australien    1'263'000t
  6. Türkische Flagge Türkei           1'067'000t
  7. Pakistanische Flagge Pakistan          849'000t
  8. Uspekische Flagge Uspekistan     740'000t
  9. Argentinische Flaggen Argentinien    245'000t
  10. Malische Flagge Mali                 160'000t

Quelle: Statista.com, Cotton production worldwide

Von der Naturfaser zum Stoff –Ein aufwändiger Herstellungsprozess

Die Ernte ist erst der Beginn des langen Prozesses, in welchem die zarten Samenfasern zu einem festen Garn verarbeitet werden. Bevor die Faser geerntet wird, werden die Büsche entlaubt, damit die Verunreinigung möglichst geringgehalten wird. Dann werden die Baumwollfrüchte geerntet und in einem weiteren Schritt in einer Egreniermaschine (Entkörnungsanlage) von den Samen und möglichen Kapselrückständen befreit. In diesem Zustand werden die Fasern in Ballen gepresst und an die Spinnerei verschickt. In der Spinnerei wird die Faser noch einmal gereinigt und gewaschen, damit sie anschliessend in die sogenannten Kardiermaschine gegeben werden kann. Diese Apparatur richtet die einzelnen Fasern, auch genannt Stapeln, in eine Richtung aus und verarbeitet sie so zu einem leichten Vliesstoff. In einem weiteren Prozess wird dieses Vlies in Vliesbänder zerteilt und noch einmal zusammengelegt, um eine bessere Qualität zu erreichen.

11 gezeichnete Baumwollkapseln11 gezeichnete Baumwollkapseln
Verschiedene Kriterien zur Bemessung der Qualitäten

Grundlegend wird die Qualität der Baumwolle nach ihrer Stapellänge bemessen. Stapel ist die durchschnittliche Länge aller Fasern, die in einer Materialprobe enthalten sind. Je länger die Faser, desto weicher fühlt sich der daraus gefertigte Stoff an. Auch die Atmungsfähigkeit und Robustheit des Textils wird besser, je länger die Fasern sind. Ein weiteres Kriterium für die Qualität der Baumwollfaser ist die Reinheit und der Reifegrad des Materials. Dabei sind handgepflückte Früchte gegenüber denen, die aus einer Pflückmaschine kommen, besser. Grund hierfür ist, dass eine Maschine nicht unterscheidet, ob es sich um einen voll ausgereiften Faserballen handelt oder nicht. Des weiteren hat das Pflücken den Vorteil, dass  Blätter und andere Rückstände bereits grob entfernt werden können.

Was spricht für und was gegen den Kauf von Baumwollprodukten?

Vorteile:

  • Sehr hautfreundlich: Baumwolle ist sehr weich und fein, daher können Baumwollprodukte auch von Leuten mit empfindlicher Haut getragen werden.

  • Allergikergeeignet: Baumwolle hat ein geringes Allergiepotenzial und kann daher auch von Allergikern getragen werden.

  • Saugfähig: Baumwolle ist sehr saugstark und kann bis zu 60% des Eigengewichts aufsaugen.
  • Strapazierfähig: Baumwolle ist sehr strapazierfähig und hält einiges aus. Im nassem Zustand ist sie sogar reissfester als im trockenen.

  • Pflegeleicht: Der Naturfaserstoff ist sehr pflegeleicht und verzeiht einige Fehler beim Umgang und Waschen.

  • Hitzebeständig: Baumwolle ist sehr hitzebeständig und kann auch bei hohen Temperaturen gewaschen werden. Sie behält dennoch ihre Form und Farbe.

  • Kein Abfall bei der Ernte: Beim Ernten der Baumwolle entstehen keine Abfallprodukte. Blätter und Stiel werden wieder als Dünger in den Boden eingepflügt. Fasern mit minderer Qualität werden unter anderem zu Watte verarbeitet und aus den Samen wird Öl gepresst. Dieses Öl wird zum Beispiel bei der Herstellung von Margarine verwendet.

Nachteile:

  • Knittert: Baumwolle ist nicht sehr elastisch und kann knittern.

  • Lange Trocknungszeit: Nasse Baumwolle ist sehr schwer und braucht lange, um trocken zu werden.

  • Nicht nachhaltig: Baumwolle wird in den meisten Fällen nicht nachhaltig angebaut. Die Pflanze benötigt viel Wasser. Ausserdem werden oft Pestizide eingesetzt, um Ungeziefer fernzuhalten. Bei Bio-Baumwolle ist die Situation aber deutlich besser.


Kleine Trivia